Rückbegegnung Austausch mit Warschau 2024
Trennende Geschichte und gemeinsame Zukunft 2.0
Im November war es soweit: die Rückbegegnung des Seminarfachs „Europe: United in diversity?“ aus Jahrgang 13 mit der polnischen Partnerschule in Warschau konnte stattfinden – großzügig unterstützt durch das Deutsch-Polnische-Jugendwerk und von überraschend mildem Novemberwetter begünstigt- und stellte inhaltlich eine gelungene Weiterführung der ersten Begegnung dar.
Schon beim Besuch in Warschau ging es um die Beschäftigung mit der Frage, wie die Geschichte, die sowohl eine trennende wie auch eine gemeinsame ist, heute noch wirkt. Zu dem Zweck wurde zum Auftakt der Begegnung in Berlin zunächst inhaltlich weiter an historischen und aktuellen Aspekten gearbeitet.
Nach einem Besuch der Reichstagskuppel, bei dem der Audioguide wichtige Einblicke in die deutsche Demokratie und jüngere Geschichte vermittelt, und einem kurzen Abstecher zum Holocaust-Mahnmal wurde auf zwei Führungen – sehr anschaulich durch zwei US-amerikanische Geschichtsstudenten – durch die „Berliner Unterwelten“ zum einen die Geschichte des Bombenkrieges im Zweiten Weltkrieg, zum anderen die Geschichte der ständigen Bedrohung und Konfrontation im Kalten Krieg vermittelt.
Am nächsten Tag hieß es dann, das Stadtzentrum zu verlassen. Die erste Station war das Haus der Wannseekonferenz, wo das deutsche Verbrechen der Shoa – hauptsächlich auf heute polnischem Boden ausgeübt – geplant wurde. Die Führung thematisierte dabei auch eindringlich die Problematik, dass hier viel Täterperspektive eingenommen wird und dass es schwer ist, sich aus dieser zu lösen. Nach dem mittäglichen Besuch des Weihnachtsmarktes in Potsdam folgte dann eine ausgedehnte Führung durch ein ehemaliges sowjetisches Sperrgebiet Potsdams. Hier wurde deutlich, wie sehr das Schicksal Ostdeutschlands, wie ja auch Polens, nach dem Zweiten Weltkrieg von der Sowjetunion geprägt wurde. Höhepunkte der Begehung waren dabei das Schloss Cecilienhof, der Tagunsort der Potsdamer Konferenz, und die Glienicker Brücke, ein Ort des Agentenaustausches während des Kalten Krieges.
Die Erfahrung der Teilung Deutschlands, wohl am besten symbolisiert durch die Berliner Mauer, stand auch am nächsten Tag im Mittelpunkt beim Besuch der Gedenkstätte in der Bernauer Straße, an der sehr gut dokumentiert die Auswirkungen der plötzlichen Absperrung und des folgenden Maueregimes erfahrbar sind.
Um die aktuelle Situation auch mit zu berücksichtigen, war die Gruppe vorher noch ins Paul-Löbe-Haus eingeladen, um bei einem Gespräch mit Frederik Jagielski, einem Mitarbeiter von MdB Marja-Liisa Völlers (SPD), die terminlich verhindert war, zu erfahren, wie der parlamentarische Alltag organisert ist. Darüber hinaus ging es vor allem um Bildung und Bildungspolitik, ein Feld, das exemplarisch nochmals auch Unterschiede zwischen Deutschland und Polen aufzeigte.
Nachdem die TeilnehmerInnen in Berlin vor allem Führungen und Vorträge genossen hatten, sollte in Bad Nenndorf dann abschließend noch eine aktivere Beschäftigung mit dem Thema stattfinden. Nach der Einteilung der Gruppen für die gemeinsame Arbeit an verschiedenen Themen wurde jedoch zunächste Hannover auf einem Stadtrundgang erkundet, auch hier mit dem Schwerpunkt auf die jüngere Geschichte, etwa am Modell im Neuen Rathaus, das die Stadt 1945 zeigt oder bei der Erklärung zum Mahnmal für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus vor der Oper. Am Ende galt es dann, die Impulse aus beiden Begegnungen für die Erstellung einer Posterausstellung zum Thema „Trennende Geschichte – gemeinsame Zukunft“ in gemischten Gruppen zu nutzen, mit dem Ziel, die Poster später in der Schule auszustellen. Hier wurde deutlich, dass beide Begegnungen eine Vielzahl von unterschiedlichen Ansatzpunkten boten, um aus den Erfahrungen und Perspektiven der jeweils anderen Nation zu lernen um eine gemeinsame Zukunft trotz oft trennender Geschichte zu gestalten.
Dies wurde erleichtert durch ein harmonisches Miteinander, das auch durch gemeinsame Freizeitaktionen wie eine Großrunde „Werwolf“, ein intensiver Laser-Game Abend oder Bowling erreicht wurde. Entsprechend positiv fiel am Ende die Evaluation aus, bei der viele TeilnehmerInnen angaben, dass sie sich sehr gut aufgehoben gefühlt, neue Freunde gemacht und viel gelernt hätten, während die Organisatoren feststellten, dass dies im Rahmen der mittlerweile 15 Jahre währenden Kooperation eine der gelungensten Austausche war.
Kay Tomhave